Staplerfahrer Lange hat gerötete Augen, ist extrem albern und riecht ganz offensichtlich nach Gras. Kann er in diesem Zustand überhaupt arbeiten und unsere Lkw beladen? Oder sollten wir lieber einen Cannabis-Test machen und ihn schnellstmöglich nach Hause schicken? Die Legalisierung von Cannabis – geregelt im Konsumcannabisgesetz (KCanG) – zum 1. April hat in den Betrieben viele Fragen aufgeworfen. Dass man bis zu 25 Gramm Cannabis für den Eigengebrauch mit sich führen darf und als Erwachsener bis zu drei Hanfpflanzen anbauen darf, hat sich schnell herumgesprochen. Unklar war vielen jedoch, was das für die Unternehmen bedeutet, ob sie den Joint am Arbeitsplatz tolerieren müssen oder ob auch sie Werkzeuge haben, um den Cannabis-Konsum zu regeln beziehungsweise komplett zu unterbinden.
Der VSL hat mit einem Infoschreiben schnell auf die neue Rechtslage aufmerksam gemacht und unseren Mitgliedern Handlungsempfehlungen an die Hand gegeben. Aufgrund des großen Interesses an dem Thema legten wir Mitte August mit einem gut besuchten Webinar nach. Eine Kernbotschaft lautete: „Die gesetzliche Legalisierung führt nicht dazu, dass Cannabis im Betrieb geduldet werden muss“, betonte AVSL-Rechtsanwältin Tamara Ortlam. Unternehmen können ein betriebliches Drogenverbot aussprechen und zum Beispiel im Arbeitsvertrag, einer Haus- oder Arbeitsordnung beziehungsweise einer Betriebsvereinbarung verankern. Sofern es bereits ein Drogenverbot gibt, ist damit auch der Konsum von Cannabis untersagt – optional kann der entsprechende Passus auch noch konkretisiert werden. Gerne können wir Ihnen einen entsprechenden Formulierungsvorschlag zukommen lassen (eine kurze Mail an ortlam(at)avsl-spediteure.de reicht). Doch auch die Unternehmen, die noch kein explizites Verbot erlassen haben, stehen Mitarbeitern, die wie Staplerfahrer Lange deutlich neben der Spur sind, nicht machtlos gegenüber. „Sicherheitsrelevante Berufe müssen nüchtern angetreten werden“, erklärte unsere Arbeitsrechtlerin unter Verweis auf die vertragliche Nebenpflicht des Arbeitnehmers nach § 241, Abs. 2 BGB. Und das Führen von Fahrzeugen stelle ohne Zweifel eine sicherheitsrelevante Tätigkeit dar.
Steht ein Mitarbeiter augenscheinlich unter Drogeneinfluss, sollten Unternehmen dies dokumentieren und den Betroffenen zum Schnelltest bitten. Anwältin Tamara Ortlam empfiehlt sogenannte Drug-Wipe-Tests, die ähnlich wie Corona-Schnelltests funktionieren. Arbeitgeber können ihre Beschäftigten aber nicht zum Test zwingen. Sie sollten dem Arbeitnehmer die Weiterarbeit untersagen und ihm eine Fahrt nach Hause organisieren (auf Kosten des Arbeitnehmers). AVSL-Expertin Ortlam rät dazu, im Anschluss das Gespräch mit dem Mitarbeiter zu führen. Das Ziel dabei: die Folgen für die Arbeitsabläufe, die Arbeitssicherheit und die Zusammenarbeit mit dem Kollegium und die arbeitsrechtlichen Konsequenzen aufzeigen, sollte der Mitarbeiter erneut berauscht zur Arbeit kommen. Arbeitsrechtliche Konsequenzen bedeutet: Abmahnung und bei Wiederholung Kündigung.
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